Was aus der Bildungsstudie jedoch auch hervorgeht, ist nicht ganz so erfreulich: Mädchen haben in Bezug auf MINT wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Diese Diskrepanz zwischen wahrhaftigem Talent und fehlender Selbsteinschätzung kann fatale Folgen haben. Zum Beispiel, wenn sich das fehlende Selbstvertrauen der Schülerinnen auf die Leistungskurs-, der Ausbildungs- und der Studienwahl auswirkt. Aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit lassen darauf schließen: Mit 15,4 Prozent ist der Frauenanteil an den Beschäftigten in MINT-Berufen auch 2019 deutlich unterdurchschnittlich. Interesse, Talent und Leidenschaft für den MINT-Bereich, das scheint viele Mädchen und jungen Frauen nicht dazu zu bewegen, sich auch beruflich im MINT-Bereich zu verorten. Wenn Mädchen ganz objektiv an MINT interessiert und zudem talentiert sind, dann muss das fehlende Selbstvertrauen der Mädchen psychologisch-kulturell begründet und historisch in eine Art kollektives Gedächtnis eingewachsen sein. zdi.NRW nimmt die Kulturgeschichte der Frauen in der Wissenschaft unter die Lupe, um sich der Antwort auf die Frage nach dem fehlenden Selbstvertrauen von talentierten MINT-interessierten Mädchen zu nähern.
Frauen und Wissenschaft von der Antike bis zur Neuzeit
Die Geschichte von Frauen in der Wissenschaft war und ist bis zum heutigen Tag eng an historische, soziale, wirtschaftliche und bildungspolitische Realitäten gekoppelt. Seit Anbeginn schriftlicher Aufzeichnungen ist belegt, dass Frauen selten eine vollwertige Rolle innerhalb der Gesellschaft zuerkannt wurde. Analog dazu wurde ihnen der Zugang zu Bildung versagt. Dies war in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit der Fall. Es gab Ausnahmen, so hatten seit dem Mittelalter einige ausgewählte Frauen als Nonnen die Möglichkeit, im Kloster das Lesen und Schreiben zu erlernen, um antikes Wissen zu tradieren. Dieser Zugang zu Bildung war den Frauen allerdings nur hinter geschlossenen Türen erlaubt.
Im Mittelalter wurden die ersten Universitäten unter dem Schirm der Kirche gegründet. Dass Frauen sich für ein Studium einschreiben könnten, war undenkbar. Gebildete Frauen außerhalb eines Klosters wurden als Ketzerinnen und Hexen verfolgt. Zu Beginn der Neuzeit zog es zunehmend Wissenschaftler an die Höfe von Adligen. Als Zeitvertreib lernten auch einige adlige Frauen Lesen und Schreiben und sahen die Wissenschaften als geistvolle Unterhaltung an. Im Zeitalter der Aufklärung wurde Frauen der Zugang zu institutioneller Wissenschaft weiterhin untersagt, doch wohlhabende und adlige Frauen begannen, sich im privaten Kontext Wissen anzueignen. Voraussetzung für die Erlangung von Wissen war also zum einen Reichtum. Zum anderen waren die Frauen stets auf die Gunst ihrer Ehemänner, Väter oder Brüder angewiesen, die selbst Zugang zu Wissenschaft hatten und die Frauen daran teilhaben ließen. Wissen war über mehrere Jahrtausende das exklusive Gut der männlichen Bevölkerung. Grund für die nonexistente Stellung von Frauen innerhalb der Wissenschaft war deren permanente Diskriminierung durch fehlende Bildungs-, Zugangs- und Berufschancen.
Bildergalerie: Die ersten Wissenschaftlerinnen